Lehmbach
Gewerbefläche im Überflutungsgebiet - Kölner Stadt-Anzeiger vom 29.03.2011
Bei einer Überprüfung hat der Aggerverband festgestellt, dass die geplanten Gewerbeflächen in Lehmbach im Überschwemmungsgebiet der Sülz liegen. Die Bürgerinitiative hält die neuen Informationen für "sensationell".

Rösrath - Die geplanten neuen Gewerbeflächen in Lehmbach liegen im Überschwemmungsgebiet der Sülz. Das hat der Aggerverband festgestellt - die Stadt Rösrath hatte ihn gebeten, die Sachlage zu überprüfen. Das heißt, bei einem 100-jährigen Hochwasser würden die nach dem Bebauungsplan 89 vorgesehenen neuen Gewerbeflächen überflutet. Bisher gilt die Wiese zwischen Kläranlage und Bergischer Landstraße, die Gegenstand des Bebauungsplans 89 ist, nicht als Teil des Überschwemmungsgebiets: Auf einer von der Bezirksregierung erstellten offiziellen Karte des Überschwemmungsgebiets der Sülz aus dem Jahr 2004 ist sie bisher nicht verzeichnet. Bei einer Aktualisierung der Karte wären die neuen Erkenntnisse des Aggerverbands aber zu berücksichtigen.

Über den neuen Sachstand hat der Beigeordnete Berthold Kalsbach (SPD) soeben die Bürgerinitiative Lehmbach-Nord und den Verein "Lebenswertes Sülztal" informiert. Er stellt fest, aufgrund der offiziellen Karte der Bezirksregierung von 2004 seien die neuen Gewerbeflächen "formaljuristisch" durchsetzbar, er setzt aber auf eine politische Neubewertung: "Die Tendenz in der Verwaltung ist so, das relativ kritisch zu sehen", sagt Kalsbach zur bisherigen Planung für Lehmbach-Nord. Am 20. April wollen Vertreter der Stadt, der Unteren Wasserbehörde, des Aggerverbands und der Bezirksregierung die Sachlage besprechen, danach will die Stadtverwaltung eine Empfehlung an die Ratsfraktionen formulieren. Laut Kalsbach ist aufgrund der neuen Informationen denkbar, dass die Stadt das Bebauungsplan-Verfahren zu Lehmbach-Nord "zu den Akten" legt. "Wenn man sich an etwas festbeißt, tut das nicht gut", sagt Kalsbach. Für den Kunststoffhersteller Paja werde die Stadt weiter eine Lösung suchen; bei einem Verzicht auf auf die neuen Gewerbeflächen im Bebauungsplan 89 müsse eine Erweiterung von Paja mit den schon vorhandenen Flächen nach dem Bebauungsplan 55 auskommen.

Peter Brauer von der Bürgerinitiative Lehmbach-Nord hält die neuen Informationen des Aggerverbandes und die kritische Stellungnahme durch Kalsbach für "sensationell". Er sieht die Warnungen der Bürgerinitiative hinsichtlich der Hochwassergefahr voll bestätigt. Klaus Hasbron-Blume vom Verein "Lebenswertes Sülztal" betont, dass das Engagement der Lehmbacher Bürger zu den neuen Erkenntnissen geführt habe: "Erst aufgrund unserer Öffentlichkeitsarbeit hat man gesagt: Wir prüfen das nochmal." Heiner Mersmann vom Verein "Lebenswertes Sülztal" weist außerdem darauf hin, dass die Hochwasserproblematik die ganze Stadt betreffe - damit verfolge der Bürgerprotest keineswegs nur Lehmbacher Sonderinteressen.

Wasser auf die Mühlen der kritischen Bürger in Lehmbach ist auch ein Schreiben von Umweltminister Johannes Remmel (Grüne), der auf den Brief eines Vertreters der Bürgerinitiative geantwortet hat. Aufgrund der Überschwemmungsgefahr kommt Remmel zu dem Schluss: "Aus wasserwirtschaftlicher Sicht kann daher die vorgesehene Umsetzung des Gewerbegebietes Lehmbach-Nord im Bebauungsplan 89 zurzeit nicht befürwortet werden - auch wenn dies nach der aktuellen Rechtslage zulässig wäre."